Freitag, 16. April 2010

Vizerektor Glößl oder Die Gentechnik in der BOKU-Forschung?

Wir wollen gemeinsam Infomaterial erarbeiten, um auf einer wissenschaftlichen Ebene
eine Diskussion über die Rolle der Gentechnik an der BOKU anzuregen.

1. Planungstreffen Donnerstag, 22.4. um 18 Uhr
Ort: Haus der Studierenden, BOKU, Peter-Jordan-Str. 76, 2. OG

Wir wollen keine neuen Argumente erfinden. Ist Biodiversität und Gentechnik vereinbar?
Tagung zur Agro-Biodiversität mit Glößl und Berlakowitch am 28.4. an der BOKU!
Nimm teil und stelle deine Fragen: Anmeldung bis 21.4.!

Zum Nachlesen:
* der titelseitige "Skandal-Artikel" in der Presse.
* journalistisch etwas seriöserer im Kurier.

Zur Info:
*Glößl ist Vorstandsmitglied von dialog<>gentechnik
*Glößl ist seit 1. Februar 2010 Vizerektor f. Forschung an der BOKU

Freitag, 15. Januar 2010

Schluss mit Handel – gemeinsam landwirtschaften!

Im Dezember 2009 hat sich die Arbeitsgruppe „gemeinsam landwirtschaften“ zusammengefunden um das CSA-Konzept (Community Supported Agriculture) für den Gärtnerhof Ochsenherz in Gänserndorf bei Wien – und damit zum ersten Mal in Österreich – zu erarbeiten.


Der Bauer/die Bäuerin soll nicht als HändlerIn landwirtschaftlicher Produkte wahrgenommen werden, die sich nebenbei um die Produktion kümmert und somit das Produkt als Messlatte für ihren Erfolg definiert. Vielmehr soll die landwirtschaftliche Tätigkeit wieder im Mittelpunkt stehen, die aktiven LandwirtInnen von den VerbraucherInnen getragen werden und das gemeinschaftliche Hofleben als Indikator für Erfolg durch sich wirken.


Ein schönes Ideal – aber wie soll das nun funktionieren? Nähere Infos auf ochsenherz.at

Freitag, 20. November 2009

Do, 26.11. - Erntedank Fest im TÜWI!

... endlich

FIRST OFFICIAL INTERNATIONAL AGRICULTURAL ERNTEDANKFEST

Das erste offizielle Fest der Agrarwissenschaftler im TÜWI - oder: Warum Agrarwissenschaftler gerne feiern!

Auf Eigeninitiative engagierter AW-Studis, unterstützt von der Studienvertretung Agrarwissenschaften, wird das legendäre Erntedankfest nun Teil der langen Tradition von STV-Festen im TÜWI!

Lange hat es gedauert bis die Agrar-Studis an der BOKU das TÜWI für sich entdeckten und in diesem Zentrum studentischer (sub-)Kultur an der BOKU ein echtes Agrarwissenschaftler-Fest veranstalteten.

Der Erfolg gibt uns Recht - ein kurzweiliger Abend mit einer Diashow unserer Praktikums-Fotos sowie einer Schuhplattler-Mitternachtseinlage, der bis in die frühen Morgenstunden andauerte hat unsere Hypothese bestätigt, dass Agrarwissenschaftler gerne feiern.

Was kommt als nächstes - ein Aussaat-Festl?

Donnerstag, 24. September 2009

Einlebende Anschauung


Vom 10. bis 22. August fand in dieser Form nach 2008 die zweite Sommeruni der Naturwissenschaftlichen Sektion und der Sektion für Landwirtschaft am Goetheanum statt. 13 Teilnehmende (etwa doppelt so viele wie im Vorjahr), überwiegend Studierende der Agrar- und Biowissenschaften, kamen ans Goetheanum. Die erste Woche fand am Glashaus am Goetheanum (bild) statt, die zweite im Lötschental (Wallis). - HTTP://WWW.SCIENCE.GOETHEANUM.ORG

Gentechnik, Goethe und Ganzheitlichkeit – eine Forschungsreise im Lebendigen

Die Landwirtschaft ist in der Krise – Das Ziel weltweiter Ernährungssouveränität spaltet die Weltmächte in Gentechnikbefürwortende und Wegbereitende einer regional angepassten, biologischen Landwirtschaft . Um die Landwirtschaft nun aus ihrer Krise zu führen genügt keine dieser Strategien – Nehmen wir uns die Freiheit Tatsachen zu hinterfragen und ihr Wesen zu ergründen – ein Bericht von Stephan Pabst .

Erkenntnisversuche des goetheschen Typus – eine denkpraktische Übung

Lesen Sie die folgenden Worte und Sätze nicht so wie Sie es gelernt haben, sondern lassen Sie Schritt für Schritt ein Bild vor ihrem geistigen Auge entstehen – ohne sogleich die Informationen zuzuordnen oder andere Begriffe dafür finden zu müssen. Dieses geistige Bild vermag vielleicht einen Abglanz dessen zu vermitteln, was die Sommeruni09 für eine Schar von JungwissenschaftlerInnen so interessant gemacht hat.

Wer ist eigentlich „man“ und warum ist das objektiv?

Studierende der Biologie, Physik, Chemie, … interessiert am Lebendigen, an den Funktionen des Daseins, an der Erkenntnis der Welt – sie alle lernen im Allgemeinen sich von der Zelle aus an die großen, ökologischen Zusammenhänge der Welt anzunähern. Der Blick durchs Mikroskop als Schlüssel zum Verständnis der Welt ist unweigerlich zum Dogma der Naturwissenschaften geworden. Selbst in der Ökologie sind es die Einzelphänomene, die, meist erst am Ende des Lehrbuchs, ein dichtes Netz an Informationen bilden. Die Forschende selbst reduziert sich auf ein „man“ in der dritten Person, die außerhalb des Prozesses steht, und beobachtet. Wie kommt man aber nun zu einer Erkenntnis vom Lebendigen? Muss „man“ sich da vielleicht selber einbringen?

Weg Man! - Hin zum Ich!

Die Wahrnehmung aus der ersten Person blendet all das ein, was im (objektiven) Alltag gerne verloren geht. Anwendungsbeispiel: „Heiße Liebe“ – die Reduktion auf „Vanilleeis mit heißen Himbeeren“ stellt selbst unter Hinzuziehung einer detaillierten chemischen Analyse keine befriedigende Beschreibung dar. Es bedarf einer Seele, einer Innensicht um diesen Begriff erlebbar zu machen. Doch fehlen uns hier bei zunehmender Komplexität oft die Ausdrucksmittel – im genannten Beispiel also die Worte. Daher haben wir uns in Übungen mit der Begriffsbildung auseinander gesetzt:



Vom Senecio, der unter der Sonne beißt und eingebildeten Kühen …

Wer mit zwölf (!) Sinnen in die Welt schaut und sich auf Phänomene einlässt, die ringt oft nach Ausdrucksmitteln. Wir blickten gespannt auf die Exemplare des gemeinen Greiskrauts (senecio vulgaris) vor dem Glashaus und versuchten die Vorstellung seines Daseins in uns lebendig zu machen. - Mit Blattmetamorphosen geben sich die Kühe im Goetheanumpark nicht zufrieden, und mustern bald aufmerksam die bemühte Schar der sich Einfühlenden. - So klar sich uns die äußere Welt mit all ihren Details erschließt, so diffus gebiert sich einem tapsenden Welpen gleich die Darstellung einer inneren Anschauung.

… von Bienen, die güldne Bahnen weben und dem Anger, des flirrendes Antlitz schwitzt.

Schritt für Schritt lernen wir Aspekte einer Methode, die sich nicht ohne weiteres verallgemeinern lässt. Jede für sich betrachtet und staunt, wählt ihre Ausdrucksmöglichkeiten und erlebt Wesenheiten und Atmosphären, die sich als Gesamteindruck einprägen und jederzeit abrufbare Spuren hinterlassen. Wir sammeln Erfahrungen und machen uns bereit sie denkend zu verknüpfen...



Detail ist Ausdruck des Ganzen …

Die Steine, die vom Wasser des Gebirgsbaches rundgeschliffen kullern und sich reiben bis das Rinnsal zur reißenden Klamm sich gräbt … sogar diese Steine erzählen eine Geschichte, die einen Eindruck hinterlässt.Wo wir unseren Blick auch hinwenden, auf die frische Magerwiese oder die heuenden Männer und Frauen, ob wir die alten Speicherhütten betrachten oder die bewachsenen Schuttkegel, zu deren Fuß sich handtuchgroße Wiesen erstrecken - aus allem spricht das Lötschental und wir hören ihm zu.

… deren Summe noch kein Ganzes gibt

Eine rein äußere Anschauung dieses Gebietes hätte uns zwar umfassende Auskunft über das „Was“ gegeben aber nur eingeschränkt Aussagen über das „Wie“ und schon gar keine Erkenntnisse vom „Warum“ ermöglicht. Mit der „Einlebenden“ Anschauung kamen wir – trotz aller Anfänglichkeit – schon weiter. Am letzten Tag ermöglichte uns ein Landwirt an seinen Lebenserfahrungen teilzuhaben. Wir konnten wie in einer Art Rückblick erleben, wie er unsere jungen Erfahrungen wieder aufleuchten und das Tal in seiner Ganzheitlichkeit wahrnehmen ließ. Sein Umgang mit dem Tal, den Pflanzen und Tieren dieser Region und die Motivation darin sich zu erfüllen, setzte das anfänglich Erfahrene und Geahnte wirksam ins Bild.

Fazit: Im Potential wird eine Idee geboren

Sowohl Pflanzen als auch Tiere lassen sich mittlerweile bis auf die molekulare Ebene zerlegen, jedoch unterscheiden sich Zellhaufen und Basenpaare nicht sonderlich voneinander, solange dieser geformten Substanz keine Seele/Idee innewohnt. Wir haben gelernt von außen und von innen her die Natur zu begreifen – das wirkt!

Die nächste Sommeruni ist vom 23. August bis 3. September 2010 - HTTP://WWW.SCIENCE.GOETHEANUM.ORG

Donnerstag, 14. Mai 2009

Die Rolle der Agrarpolitik in der Wissenschaft


bagru*aw und agrar_attac laden zur Podiumsdiskussion mit dem Thema

„Die Rolle der Agrarpolitik in der Wissenschaft – und vice versa“



Die Nachbesetzung der Leitung der Bundesanstalt für Bergbauernfragen (BABF) wird von Seiten der Wissenschaft und der Opposition stark kritisiert. Von einer „politisch motivierten Fehlbesetzung“ um eine „unabhängige Forschungseinrichtung mundtot zu machen“ ist die Rede (siehe: www.bergphoenix.at).


Der Fall der BA für Bergbauernfragen ist dabei kein Einzelfall sondern Symptom einer allgemeinen Entwicklung, die auch die universitäre Fors
chung und Lehre betrifft. Es bedarf einer Neuklärung des Verhältnisses zwischen Wissenschaft und (Agrar-)Politik. Dabei sollte der Wissenschaft und Forschung wieder eine erhöhte Bedeutung zukommen.

Wir stellen uns die Fragen:
Auf welcher Basis fällen AgrarpolitikerInnen ihre Entscheidungen, wenn nicht auf Basis der Arbeit unabhängiger WissenschaftlerInnen?

Sollen Wissenschaft und Forschung für partielle Politik- und Wirtschaftsinteressen verfügbar gemacht werden?

Wer bestimmt nun die Zukunft der Landwirtschaft? – PolitikerInnen? Forschende? oder doch die BäuerInnen selbst?
Wir freuen uns folgende Persönlichkeiten für das Podium einladen zu dürfen:

Nikolaus Berlakovich (BMLFUW) - angefragt
Helmut Kramer (Univ. Prof. em. für Politologie an der Universität Wien)
Josef Krammer (ehem. Leiter der Bundesanstalt für Bergbauernfragen)
Irmi Salzer (Österreichische BergbäuerInnen Vereinigung)
Gerda Schneider (Leiterin Inst. für Landschaftsplanung BOKU)

Samstag, 18. April 2009

Biologisch-Dynamisches an der BOKU – Keine Utopie mehr!

Die Geschichte des ökologischen Landbaus an der BOKU ist um eine Facette reicher geworden. Mit dem Vorlesungsseminar „933.001 Biologisch dynamischer Landbau“ im vergangenen Wintersemester findet diese Wirtschaftsweise erstmalig Eingang in die BOKU-Lehre. Gibt es bald die nächste Professur für biologisch-dynamische (bio-dyn) Landwirtschaft? (von Stephan Pabst)


Seit 1996 gibt es nun das Institut für ökologischen Landbau (IföL) an der BOKU und seit mehr als 25 Jahren lebt die Bio-Bewegung von der Initiative einzelner Studierender1, die sich dafür einsetzen. Nicht mehr und nicht weniger hat auch zur institutionalisierten Anerkennung des IföL an der BOKU geführt. Die Universität für Ökologische Agrarwissenschaften Kassel hat eine ähnlich bewegte Geschichte – im Jahr 2005 kam ein neuer Meilenstein hinzu: Die europaweit erste Professur für biologisch-dynamische Landwirtschaft.


Kleine Forschungsgeschichte2 des bio-dyn Landbaus


Seit der Begründung der bio-dyn Wirtschaftsweise im Jahr 1924 gibt es eine Reihe von Arbeiten, Dissertationen und sogar Habilitationen auf diesem Gebiet. Die Uni Hohenheim stellt im Jahr 1973 eine ihrer Versuchswirtschaften auf bio-dyn um und in Gießen wird die erste Dissertation zu einer bio-dyn Fragestellung angenommen.


Im Jahr 1978 startet die Landwirtschaftskammer Rheinland mit der Universität Bonn und dem Forschungsring den Langzeitversuch "Betriebsvergleich dynamisch/organisch/konventionell", kurz DOK-Versuch genannt, auf dem Boschheide-Hof im Rheinland, der die Humusaufbau fördernde Wirkung der Präparate nachweist.


1994 schließt Dr. Hartmut Spieß, Mitarbeiter des "Institut für biologisch-dynamische Forschung (IBDF)" am Dottenfelder-Hof, die erste Habilitation über ein biologisch-dynamisches Thema, die Mond-Rhythmen, ab.


Im Jahr 2005 wird die nächste gläserne Decke durchbrochen: Die Außenstelle der Universität Kassel, wo 1981 die erste Professur für Ökologische Landwirtschaft in ganz Deutschland eingerichtet wird und 1996 – zeitgleich mit der Institutsgründung in Wien – der erste gleichnamige Diplomstudiengang, nimmt international eine Vorreiterrolle in Sachen Ökolandbau ein.Hier stellt Ton Baars, habilitierter Biologe[5], seit 2005 – nicht unumstritten – eine Stiftungsprofessur für biologisch-dynamische Landwirtschaft.


„Die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise hat mit ihrem grundlegenden Ansatz bei der Ideenentwicklung des Ökologischen Landbaus immer wieder eine Vorreiterrolle eingenommen", begründet Cornelia Roeckl von der Zukunftsstiftung Landwirtschaft das Engagment für diese Stiftung.


Die BOKU holt auf!


Mit ähnlichen Worten begrüßte auch Bernhard Freyer die knapp 30 HörerInnen des ersten Vortragsnachmittags im Oktober 2008.

„Die biologisch dynamische Wirtschaftsweise praktiziert es innerhalb der Bio-Bewegung am weitestgehendsten sich in ihrer ganzen Breite in einen gesamtgesellschaftlichen Kontext zu setzen und über die eigentliche Produktion hinaus zu reflektieren - über die Grenzen der Landwirtschaft hinaus.“ (Freyer 2008, Eröffnungsworte)

Wie so oft in der Geschichte des Ökologischen Landbaus war es auch hier der Wunsch von Studierenden, der gemeinsam mit der Zielstrebigkeit von Waltraud Neuper diese Vortragsreihe möglich gemacht hat. Wie in Witzenhausen wird die Umsetzung zunächst auch von einer Stiftung3 ermöglicht, die von bio-dyn wirtschaftenden Betrieben und Verarbeitern getragen wird.


Das Vorlesungsseminar ist als Einführung gedacht, es werden die Hauptthemen des biologisch-dynamischen Landbaus überblicksmäßig vorgestellt. Phänomenologie und Kosmische Rythmen, biologisch-dynamische Tier- und Pflanzenzüchtung, Kompostierung und Düngung werden in den Kontext der Universität gebracht und damit einer umfassenden Kritikmöglichkeit ausgesetzt.


Die soziale Frage bleibt dabei vom ersten Vortrag an das Bindeglied – schließlich geht der Trend auch in der österreichischen Landwirtschaft seit Jahrzehnten immer mehr in Richtung Spezialisierung und Wachstum. Bäuerliche Betriebe, die sich der Biodiversität und Vielfalt am Betrieb verschrieben haben, wie das bei den meisten bio-dyn Betrieben der Fall ist, sehen sich zunehmend einer wirtschaftlichen Bedrängtheit ausgesetzt.


Das Was bedenke – mehr bedenke Wie!


Mit diesem Goethe-Zitat eröffnete Waltraud Neuper, selbst Demeter-Bäuerin und Magistra der Philosophie, die Vorlesungsreihe und umreißt damit sowohl den Grundgedanken der bio-dyn Wirtschaftsweise, als auch den interaktiven Charakter der Lehrveranstaltung.


Anhand der regen Diskussionen die sich am Ende der Lehrveranstaltungen abzeichnen und der Reaktionen der Vortragenden und von Waltraud Neuper wird klar: Das offene Konzept geht auf! Getragen von konstruktiven Rückmeldungen nach den Vorträgen und nach der vertiefenden Arbeit in den Seminargruppen, die einzelne Vorträge für den Sammelband aufbereiteten, entstanden wertvolle Grundlagen für die Folgeveranstaltung im kommenden Wintersemester.


Das relativ dichte Programm wird aufgelockert und der Praxisbezug erhöht: „Wir werden versuchen den Schwerpunkt noch stärker auf die Diskussionsmöglichkeit zu legen und nur noch einen Vortrag pro Einheit bringen. Darüber hinaus wird die Vertiefung der praktischen Arbeit in den Vordergrund gerückt werden: Wie werden die Präparate hergestellt, was sind die Voraussetzungen für eine wirksame Anwendung und so weiter. Im Sommersemester wird es dann Exkursionen geben.“ umreißt Waltraud Neuper das erweiterte Konzept.


Brückenbau zwischen Theorie und Praxis


Die Lehrveranstaltung an der BOKU ist nur eine Facette der biologisch-dynamischen Ausbildung, die derzeit in Österreich und Slowenien aufgebaut wird.

Auf Betriebsebene finden nun sowohl in Niederösterreich (Rosenburg) als auch in Kärnten (Wurtzerhof) regelmäßige Vernetzungstreffen statt, bei denen der fachliche Austausch im Mittelpunkt steht.


Ziel ist es innerhalb der nächsten zwei Jahre ein Lehrbetriebenetz aufzubauen, das das Grundgerüst der neuen, freien Ausbildung darstellen wird. Nach dem Beispiel von ähnlichen Ausbildungsprogrammen wie sie in Hessen, am Bodensee und in Norddeutschland schon seit mehreren Jahrzehnten bestehen werden auch regelmäßig Kurse angeboten, die für die Lehrlinge verpflichtend und für alle Interessierten und PraktikerInnen offen sind.


Der Hauptunterschied zur konventionellen landwirtschaftlichen Ausbildung

liegt in der Schwerpunktsetzung. Hier steht das Erfahrungswissen von Bäuerinnen und Bauern im Vordergrund der Vermittlung – neueste wissenschaftliche Erkenntnisse werden über Fachvorträge und Seminare, die vornehmlich in den Wintermonaten stattfinden, hineingenommen.

Hier bestehen auf universitärer Ebene Abkommen mit der Uni Marburg und der BOKU, die Vortragenden sind international und kommen zu einem großen Teil aus Deutschland und der Schweiz.


Mehr zu der biologisch-dynamischen Ausbildung auf http://www.demeter.at/ausbildung.


Erwachen aus dem Dornröschenschlaf


Der Demeterbund in Deutschland hat in vielen Belangen dem österreichischen kleinen Bruder einiges voraus. Was die Reichweite der Produkte und die Professionalität der Ausbildung belangt – in Österreich hat sich in den 80 Jahren seit Gründung des Demeter-Bundes lange nicht so viel getan. Umso größer ist die Zielstrebigkeit mit der nun vorhandene Synergien gesucht und bestehendes Potential ausfindig gemacht werden. Eine interessante Entwicklung, die wir wohl an der BOKU noch länger mitverfolgen werden!


Die Sammelbände zur Vortragsreihe werden ab Ende Mai im Sekretariat des IföL gegen einen Umkostenbeitrag von drei Euro abzuholen sein.



[1] Unter vielen anderen hat zum Beispiel Thomas Lindental (Dr.) als Student die Gründung des IföL maßgeblich mitbegründet. Derzeit arbeitet er am Forschungs Institut für Biologischen Landbau (FIBL) in Wien.


[2] Mehr zur Geschichte der biologisch-dynamischen Bewegung unter www.demeter.net.


[3] StiftungspartnerInnen: Fa. Weleda, Wurzerhof (Ktn), Edlerhof (Stmk), Hr. Rosen, Lackner&Lackner

Sonntag, 30. November 2008

Royal-Fruit – ganz und gar nicht „königliche“ Arbeitsbedingungen in Andalusien

Sevilla, Freitag der 28.11.08, 11 Uhr: Wir besetzen mit ca. 100 LandarbeiterInnen das Hauptbüro der landwirtschaftlichen Exportfirma „asociafruit“. Ich sitze an einem Schreibtisch im Empfangsraum und hab mir einen Bleistift aus der Lade geklaut um das hier niederzuschreiben. Die Stimmung ist gut, die BesetzerInnen machen es sich bequem und bereiten sich darauf vor, dass sie zumindest einige Stunden hier bleiben werden. (von Tito B.)


Alle anwesenden ArbeiterInnen sind bei dem Agrarkonzern beschäftigt – oder zumindest waren sie das bis letzte Woche; denn das Unternehmen droht nun damit, all diejenigen zu entlassen, die sich in der unabhängigen Basisgewerkschaft SOC (syndicato de obrer@s del campo – auf deutsch LandarbeiterInnen-gewerkschaft) organisieren.


Mit dem Vorwand, dass es nicht genug Arbeit gäbe, sind sie vor die Tür gesetzt worden. „Dabei gibt es genauso viel Arbeit wie letztes Jahr! Der Grund war offensichtlich, dass wir dem Unternehmen mit unseren Forderungen unangenehm geworden sind“, empört sich Antoine, ein Arbeiter um die 50, mit dem wir gleich ins Gespräch gekommen sind. Wir erklären, dass wir aus Frankreich und Österreich kommen und dass wir über die Besetzung im Radio und in unseren Zeitungen berichten können. Dass die europäische Öffentlichkeit informiert wird, tut tatsächlich Not. Antoine erklärt uns, warum: „Asocia-Fruit ist eine sehr mächtige Export-Firma. Sie verkaufen Obst und Gemüse mit der Marke `Royal-Fruit` in vielen europäischen Ländern! Wir wollen, dass die KonsumentInnen wissen, was hier läuft!“


Wir erfahren, dass der Konzern eine Vielzahl an Ländereien besitzt, nicht nur in Andalusien, sondern auch in der Nähe von Barcelona und sogar in Algerien. Auf der Plantage, auf der die hier versammelten ArbeiterInnen beschäftigt sind, werden Pfirsiche und Marillen kultiviert. Jetzt, im November, arbeiten ca. 150 Leute auf der Finca, die einige hundert Hektar umfasst. Während der Ernte, die im März beginnt, sind es bis zu 1000.


„Es gibt sehr viel Druck während der Arbeit“ berichtet Antoine. „Die Kontrolleure treiben dich immerzu an. Bei der Erntearbeit zählen sie, wie viele Kisten du angefüllt hast und wie viele Bäume du in welcher Zeit schaffst. Wir hören dann: 'Die andere Gruppe hat so und so viel geschafft. Wenn ihr morgen nicht ebenso viel erntet, fliegt ihr raus!' Diese Kontrolleure wissen, wie viel Kilo Pfirsiche oder Marillen ein Baum circa trägt. Sie zählen also die Bäume, die du geerntet hast, und so wissen sie, wie viel Kilo du gepflückt haben musst. Wenn du nicht genug hast, stehst du morgen auf der Straße. Das ist versteckte Akkordarbeit! Wir wollen arbeiten, aber wir fordern, dass es keine Akkordarbeit gibt!“


Die SOC hat gegen diese Missstände mobilisiert, während die anderen beiden Gewerkschaften, die im Betrieb präsent sind, die UGT und die CC.OO., nicht nur mit der Betriebsleitung kollaborierten, sondern sogar akzeptierten, dass eine große Polizei-Aktion gegen die Streikenden organisiert wurde. Als zu Beginn der Woche der Konflikt ausbrach, wurde zunächst die Plantage besetzt. Die ArbeiterInnen blieben über Nacht, Decken wurden organisiert, Lagerfeuer angezündet. Aber nicht alle ließen sich überzeugen, mitzumachen. Zu groß war der Druck seitens des Betriebes: „Allen, die sich uns anschließen wollten, wurde gedroht, dass sie ebenfalls entlassen würden“, erklärt Antoine. Gestern rückte dann die Polizei an – seitdem arbeiten ca. 40 LandarbeiterInnen auf der Finca, abgeschirmt von 200 PolizistInnen. Unglaublich – was an Zustände im ländlichen Kalifornien des frühen 20. Jahrhunderts erinnert, spielt sich heute mitten in der EU ab.


Angesichts dieser repressiven Maßnahmen beschloss die SOC, von der Plantage abzuziehen und stattdessen nach Sevilla zu gehen, um den Hauptsitz von „asociafruit“ zu besetzen. So kommt es, dass wir nun hier sind.

Die Szenen im Büro erinnern an den Film „Tout va bien“ von Jean-Luc Godard. In diesem Klassiker der 70er Jahre besetzt die Belegschaft eines französischen Schlachthofes ebenfalls das Büro der Betriebsleitung. Während der Besetzung kommt es zu grotesk-witzigen Szenen, die sich in diesen Minuten, im Zentrum von Sevilla, zu wiederholen scheinen: Ein Gewerkschaftsmitglied gibt ein Interview für einen spanischen Fernsehsender – der Gang ist zu eng und der Büroangestellte der besetzten Firma würde das Interview stören, wenn er jetzt aufs Klo gehen würde. Einige ArbeiterInnen halten ihn auf, er schimpft („Das ist mein Büro hier!“), aber es nützt ihm nichts. Eine andere Büroangestellte regt sich auf, weil die BesetzerInnen den Fernseher im großen Versammlungsraum angestellt haben und an den Jalousien rumwerkeln. Geschrei, Gelächter, keine Chance, dass die ArbeiterInnen auf sie hören.


Es sind etwa gleich viele Frauen wie Männer anwesend, ein Kleinkind von etwa einem Jahr ist auch im Saal. „Während des Booms am Bausektor gingen viele Männer aus der Landarbeit weg, weil die Löhne am Bau höher waren – daraufhin wurden viele Frauen auf den Plantagen beschäftigt. Nun, mit der Finanz- und Immobilienkrise, kommen viele Männer zurück in die Landwirtschaft – was zur Folge hat, dass eine große Zahl an Frauen ihre Arbeitsplätze wieder verlieren, da Männer bevorzugt werden“, erklärt uns Antoine. „Leider gibt es noch viel Machismo hier in Spanien. Eine Frau sollte das gleiche Recht auf Arbeit haben wie ein Mann!“, ergänzt er.


Wir erfahren auch, dass aufgrund der Krise schwere Spannungen zwischen verschiedenen Gruppen an ArbeiterInnen drohen. SpanierInnen und ArbeitsmigrantInnen verschiedener Herkunft konkurrieren um den kargen Tagelohn der Landarbeit. „Konflikte zwischen den ArbeiterInnen - das genau ist es, was die Unternehmen wollen“ erbost sich Antoine.


In der Provinz Almeria, ca. vier Autostunden südöstlich von hier, komme es immer öfter vor, dass auf der Straße ArbeitsmigrantInnen aus afrikanischen Ländern zu sehen seien, die ihren „Preis“ auf ein Kartonschild geschrieben haben: „2 personas para 30 Euros“ - zwei Arbeitskräfte für 30 Euro. Pro Tag, versteht sich. Almeria ist für die Produktion von Treibhausgemüse unter tausenden Hektaren von Plastik für den europäischen Markt bekannt geworden. Die SOC ist auch dort aktiv – die kleine Gruppe der lokalen AktivistInnen setzt sich hauptsächlich aus Leuten zusammen, die selbst nach Spanien migriert sind und die die harte Arbeit in den Treibhäusern kennen. Sie stammen u.a. aus dem Senegal und aus Marokko und sprechen die Sprachen der LandarbeiterInnen – arabisch, französisch oder wolof.


Wir drängeln uns in das Hauptbüro, in dem ein verängstigter Mitarbeiter an seinem Schreibtisch sitzt und versucht zu verdrängen, dass er sich mitten in einer Besetzungsaktion befindet. Auf unsere Anfrage, was denn hier los sei, will er uns nicht antworten. Ebenso wenig kann er uns sagen, wann jemand kommt, der dazu befugt wäre. Er blickt in die Unterlagen, die er sich pro forma zurechtgelegt hat, um sich nicht mit uns konfrontieren zu müssen.


Die spanischen Medien, die hier im Büro anwesend sind, interessieren sich für uns, da sie erkennen, dass wir keine Beschäftigten des Betriebes sind. Wir stellen uns als „Foro Civico Europeo“, als „Europäisches BürgerInnenforum“ vor und geben ein Interview, in dem wir betonen, dass wir es empörend finden, unter welchen Bedingungen das Obst und Gemüse produziert wird, das in den europäischen Supermärkten landet. Eigentlich sind wir nach Andalusien gekommen, um unsere Freundinnen und Freunde von der SOC, die wir seit Jahren kennen und deren Arbeit wir unterstützen, auf einer ihrer selbstverwalteten Landkooperativen zu besuchen. Dass unsere Reise mit solch einer Aktion beginnen würde, damit haben wir nicht gerechnet.


Am selben Tag, ca. drei Stunden später: Die Polizei, die während der gesamten Dauer der Besetzung nur wenig zu sehen war, rückt nun mit Dutzendschaften an Spezialeinheiten an. Wir stehen kurz vor der Räumung. Von etlichen SOC-AktivistInnen wird kommuniziert, dass von unserer Seite keine Gewalt ausgehen wird. Etwa eine halbe Stunde später ist das Büro geräumt. Ob der Druck auf das Unternehmen ausgereicht hat, um die Forderungen der Streikenden zu erfüllen, können wir zu diesem Zeitpunkt nicht sagen. Wir hoffen, etwas zur Besetzung beigetragen zu haben und nehmen uns vor, so viel wie möglich über die Aktion zu berichten und die SOC so zu unterstützen.


Wenn ihr also das nächste Mal in den Supermarkt geht und Obst oder Gemüse mit der Aufschrift „Royal-Fruit“ seht, dann nehmt euch ein paar Minuten Zeit und denkt nach, was wir gemeinsam gegen Ausbeutung und mieses Essen tun können. Vielleicht fällt uns, inspiriert von den Aktionsformen der SOC, etwas ein!